Produktionen
Ein Einblick in die Grausamkeit
von Lydia Haider, Judith Goetz, Marina Weitgasser
URAUFFÜHRUNG
Regie: Antje Schupp
Premiere
am 22. März 2023, 19:00 Uhr Veranstaltungsort: Glaskubus am HeldenplatzTreffpunkt
und Abendkassa (ab 18:00 Uhr geöffnet) im Foyer des
Haus der Geschichte Österreich (hdgö),
Heldenplatz, 1010 Wien
Triggerwarnung:
DU HERBERT verhandelt männliche Gewalttaten und arbeitet mit
expliziten Schilderungen von Femiziden, Suizid sowie sexualisierter oder häuslicher Gewalt.Vorstellungsdauer:
ca. 70 Minuten, keine Pause
Für alle, die keine Tickets mehr bekommen haben: Per Handy und QR-Code
kann der Ton auch außerhalb des Glaskubus kostenlos mitgehört werden!
Männliche Gewalt ist allgegenwärtig.
Ob in Beziehungen, im Berufsleben, an öffentlichen Orten oder in dunklen Ecken: Es sind in der Regel Männer, die zerstören,
verletzen, rauben, morden, über andere herfallen, Macht und Kontrolle ausüben und ihre langsam bröckelnde Vorherrschaft um
jeden Willen verteidigen wollen. Sie stellen somit eine Bedrohung für sich selbst und ihre Umwelt dar, glauben sich dennoch
stets im Recht und als Maßstab aller Dinge. So sind die toxischen Verhaltensweisen letztlich Beweis dafür, dass bestimmte
Männer nie gelernt haben, mit Konflikten, Streit und Abweisung konstruktiv umzugehen sowie die mit männlicher Sozialisation
verbundenen Privilegien einer kritischen Reflexion zu unterziehen.
2020 hat das Autorinnen-Team Judith Goetz, Lydia
Haider und Marina Weitgasser ein Jahr lang 450 Screenshots der orf.at Startseite (Chronik Österreich) gesammelt, um zu dokumentieren,
in welcher Fülle und Rasanz die unterschiedlichsten Taten von Männern begangen werden. Sie liefern die Grundlage für eine
vielschichtige Auseinandersetzung, die sich aus dokumentarischen, literarischen wie auch wissenschaftlichen Elementen speist
und ein hybrides Textformat entstehen lässt. Es wird deutlich: Die Auswirkungen des Patriarchats sind keine Minute länger
erträglich.
Im Protagonisten Herbert verdichten sich die vielfaltigen Männlichkeiten sowie auch Gewalttaten. Er
löst die Ignoranz wie auch Abgestumpftheit über die täglichen Berichte auf und liefert Innenansichten, ohne jedoch nach Legitimationen
oder Verständnis zu suchen.
Die Regisseurin Antje Schupp greift auf Lydia Haiders literarischen Text DU HERBERT
zu und entwickelt eine Performance für zwei Schauspielerinnen im öffentlichen Raum. An einem der zentralsten Plätze Wiens
macht das künstlerische Team diesen eklatanten und grausamen Aspekt österreichischer Zeitgenossenschaft, dessen Blutspur sich
hinter den Schlagzeilen versteckt, für alle sichtbar. Wie kommt es, dass diese Taten in ihrer Masse überhaupt stattfinden
können? Wann werden wir Zeug:innen und wann gönnen wir uns den Luxus wegzusehen, wenn Gewalt passiert?
Antje Schupp
ist Regisseurin, Performerin und Autorin. Sie arbeitet spartenübergreifend, site-specific und auch häufig in internationalen
Kollaborationen. Für DU HERBERT entwickelt sie die szenische und räumliche Umsetzung.
Lydia Haider lebt in
Wien und Berlin als freie Schriftstellerin. Eine Stimme der österreichischen Literatur, die ihresgleichen sucht. Für DU HERBERT
hat sie den literarischen Text verfasst.
Judith Goetz ist Literatur- und Politikwissenschaftlerin, Gender-Forscherin
und setzt sich u. a. mit politischer Bildung und Bekämpfung von Rechtsextremismus auseinander. Für DU HERBERT hat sie den
literarischen Text mit erklärenden Fußnoten zu den Taten ergänzt.
Marina Weitgasser lebt und arbeitet in
Wien im Bereich Projektmanagement. Für DU HERBERT hat sie ein Jahr lang Screenshots von der Startseite von orf.at gesammelt
und diese im Text platziert.
Die Publikation DU HERBERT. Ein Einblick in die Grausamkeit
ist im Februar 2023 im Haymon Verlag erschienen.
Publikumsgespräch mit Claim the Space zum Thema feministischer Aktionismus und Femizide am 31. März 2023 im
Anschluss an die Vorstellung (ca. 20:15 Uhr).
Im Rahmen einer Kooperation mit dem Haus
der Geschichte Österreich (hdgö) ist der Museumsbesuch im Ticketpreis von DU
HERBERT inkludiert: Im Zeitraum 15. März bis 30. April 2023 ist nach Vorlage des Theatertickets an der hdgö-Kassa der Museumsbesuch
unabhängig vom Vorstellungsdatum gratis. Passend zum Thema findet eine Kuratorenführung mit Stefan Benedik unter dem Titel
„Keine Privatsache.
Geschlecht, Gewalt und Geschichte“ am 28. März 2023 um 17 Uhr statt (Führungsbeitrag: 4 Euro pro Person).
Pressestimmen
„Die Darstellerinnen spielen mit viel Hingabe. Mal schwillt ihnen die Brust an, mal würgen sie sich, mal brüllen sie,
mal lachen sie höhnisch, mal pfeifen sie einer Gruppe von Männern hinterer, die draußen vor dem Container am Heldenplatz stehen.
Sie schütten das Blut aus ihren Kelchen. Das ist nicht das Blut Christi in dieser Geschichte. Das ist das Blut von Frauen
- das dann auch am Zuseher kleben bleibt (keine Sorge, es werden weiße Schutzanzüge und -brillen zur Verfügung gestellt).“
APA - Austria Presse Agentur
„Damit die Gesellschaft bei struktureller männlicher Gewalt nicht
wegschaut, wird öffentlich gespielt – also auch für Laufpublikum. Wer kein Ticket mehr ergattert, kann von draußen zuschauen
und mit dem eigenen Smartphone den Ton live Mithören. Eine bewegend-bildgewaltige Performance am Heldenplatz.“ ORF
„Liepsch interpretiert ihre Textstellen erst kumpelhaft-freundlich, von Gunten die ihren phlegmatisch. Dann steigern
sich beide gemeinsam in eine Energie hinein, vor der sich die Anwesenden in dem kleinen Raum ruhig fürchten dürfen. (…) So
kommt die Botschaft an, ohne Relativierung, ohne Ironisierung. Schön schiach.“ nachtkritik.de
„Dem misogynen Tenor in den 441 Delikten folgt die Inszenierung durchs Kalenderjahr, hängt eine Tat an die andere, leistet
sich szenisch nur das, was sein muss. Das Wesentliche liegt in der Sprache, in der kunstvollen Instandsetzung von Alltagssätzen
mittels eines gravitätischen Rhythmus.“ DER STANDARD
„Zwischen Weltmuseum und Heldentor
steht der gläserne Kubus mir freier Sicht auf das Reiterdenkmal von Prinz Eugen. (…) In der Mitte des Raumes ist ein kleines
Denkmal errichtet. Es bildet den titelgebenden „Herbert“ ab, der sich alle 450 Gewalttaten selbst zuschreibt. Noch lächelt
er, während Clara Liepsch und Vera von Guten seinen Monolog im Schlagabtausch performen. (…) Am Ende mischen sich Erleichterung
und Betroffenheit unter den begeisterten Applaus.“ Ö1
„Gespielt wird in einem an drei
Seiten zum Außenraum hin sichtoffenen Kubus auf dem Heldenplatz, gleich neben Papstkreuz und Heldentor, in dem Haiders "Komposition"
der Grausamkeiten auf Lehmbüsten-Opfer, Waffenarsenal und rasch von Weih- und Blutwasser durchtränkte Rauminstallation trifft.
Schupp splittet den titelgebenden, über alle Bundesländer und Monate hinweg metzelnden patriarchalen Prototypen in zwei Sprecherinnenkörper,
Vera von Gunten und Clara Liepsch, die sich dem Text mit körperlichem Einsatz bis zum Äußersten aussetzen.“ Wiener
Zeitung
„Gewalt geht uns alle an. Daher findet Antje Schupps Inszenierung von „Du Herbert – Ein Einblick
in die Grausamkeit“ mitten auf dem Heldenplatz statt. (…) Viele Dosenbiere hat er („Herbert“) schon gekippt, er ist „im Öl“,
und die Äxte, Gewehre und Baseballschläger hängen ja nicht zum Spaß an der Wand. Blut spritzt an diesem Abend, bei dem das
Publikum Schutzanzüge und Schutzbrillen trägt. Eine Realität, die einen erschaudern lässt.“ DER FALTER