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Der grüne Kakadu

nach Arthur Schnitzler
In einer neuen Version mit Texten von Bernhard Studlar
URAUFFÜHRUNG
Regie: Lucia Bihler

Premiere am 14. Jänner 2016
Letzte Vorstellung am 12. Februar 2016


Aufführungsdauer: 1 Stunde 35 Minuten, keine Pause

Ein Pariser Nachtklub am Vorabend der Revolution. Aufrührerische Reden werden auf der Straße geschwungen, das Klima ist explosiv. Für die herrschende Klasse, die keineswegs auf ihr standesgemäßes Amüsement verzichten möchte, hat man einen ganz speziellen Nervenkitzel erfunden: Wirt Prospére betreibt ein Etablissement, in dem sich die Adligen im geschützten Rahmen gefahrlos mit einer Prise der ansonsten verdrängten, bedrohlichen Wirklichkeit der Außenwelt konfrontieren können. Eine Schauspieltruppe hält, von den Adligen bezahlt, revolutionäre Reden und jeden Abend geschieht zudem ein eigens für die zahlungskräftigen Zuschauer inszeniertes Verbrechen. Eines Tages jedoch beginnen die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Spiel zu verwischen und Schauspieler wie Zuschauer verlieren den Überblick. Plötzlich scheinen nicht mehr alle Darsteller Herr der Lage zu sein und während draußen die Verhältnisse explodieren, kollabieren auch im vermeintlich sicheren »Grünen Kakadu« alle Gewissheiten bis Blut fließt.

Schnitzlers Einakter von 1899 wurde schon zur Entstehungszeit als Parabel auf die Wirklichkeitsvergessenheit einer dekadenten Wiener Oberschicht gelesen, die wie in einem hermetischen Kokon lebend in Freude an Kunst und Luxus schwelgte, während sich politische Umbrüche und mithin die Katastrophe des Ersten Weltkriegs bereits anzudeuten begannen. Dementsprechend nahm die Zensur großen Anstoß an seinem – bis heute selten gespielten – Stück, das Schnitzler in seinen Tagebüchern Jahre später als eines seiner Meisterwerke bezeichnete.

Die Frage, wie das Theater auf die verheerenden Verhältnisse an den Grenzen und die zunehmenden Verwerfungen innerhalb Europas selbst reagieren soll, stellt sich in diesen Tagen vielleicht drängender denn je. Wer sind also heute diejenigen, die sich von der Außenwelt abkapseln? Um in Schnitzlers Bild zu bleiben: Wer sind die Adligen, wer die Schauspieler? Wie kann Systemkritik in einer Gesellschaft aussehen, die keine wirkliche Alternative zu den bestehenden Verhältnissen mehr kennt?

Regisseurin Lucia Bihler gilt wegen ihrer formstrengen, bildgewaltigen Arbeiten als eines der größten Talente am Regie-Institut der Berliner Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch«, aus dem in den letzten Jahren viele Regisseur*innen hervorgingen, die das deutschsprachige Theater maßgeblich prägen.

Sie wird Schnitzlers »Grünen Kakadu« gemeinsam mit dem Wiener Dramatiker Bernhard Studlar in einer neuen Bearbeitung auf die Bühne bringen, die dem Stoff eigene zeitgenössische Texte gegenüberstellt und Fragen nach der Veränderbarkeit unserer Welt, nach dem Widerstreit von Realität und Fiktion, nach Eskapismus und Aufbegehren aufwirft.

Lucia Bihler, geboren 1988 in München, studiert seit 2010 Regie in Berlin, seit 2014 auch Choreographie. 2011 gründete sie die freie Kompanie »gold&hiebe«, mit der sie bislang fünf Inszenierungen erarbeitet hat. Als Grundlage dienten Stoffe von Kafka, Kleist, Fleißer und Heiner Müller. Zuletzt hatte »†I†U$« nach Titus Andronicus von Shakespeare am Ballhaus Ost in Berlin Premiere. Bisher realisierte sie Projekte am bat-Studiotheater Berlin, am Maxim Gorki Theater Berlin, am Deutschen Theater Göttingen, am Residenztheater München und bei der Architektur Biennale in Venedig.

Bernhard Studlar, geboren 1972 in Wien, begann seine Laufbahn gemeinsam mit Andreas Sauter als Autorenkollektiv. Für das Stück »A. ist eine andere« wurden sie mit dem Kleist-Förderpreis für junge Dramatiker ausgezeichnet. Mit dem Stück »Transdanubia Dreaming« gewann Bernhard Studlar den Hauptpreis des Heidelberger Stückemarkts. Seine Werke wurden u. a. am Burgtheater, dem Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, dem Schauspielhaus Graz und dem Schauspiel Leipzig uraufgeführt, wo sein jüngstes Werk »Die Ermüdeten« die aktuelle Spielzeit eröffnete. Seit 2005 ist er gemeinsam mit Hans Escher künstlerischer Leiter des interkulturellen Autorenprojekts »Wiener Wortstaetten«.

Pressestimmen

„So wild und bunt war Schnitzler wohl noch nie. (…) Bühne und Kostüme von Josa Marx sind preiswürdig. Und das Beste ist der morbide Amor auf halsbrecherisch hohen Plateausohlen, der auf einer schwarzen Schaukel wippt und revolutionäre Parolen ins Mikro raunt.“ Die Presse
 
„Der grüne Kakadu in einer erstaunlichen Fassung. (…) Radikal ins Heute und vom historischen Setting auf eine abstrakte Metaebene transponiert. (…) Das gesamte Team ordnet sich unter und gestaltet einen nicht ganz leicht konsumierbaren, aber erstaunlichen Abend.“ Kurier
 
„Wie ein Todesvogel erhebt sich von Zeit zu Zeit ein androgyner Sänger (Nicolas Fehr) auf seine Plateau-Overknees und haucht wunderschön seine Trauer aus (Musik: Jacob Suske).“ Der Standard
 
„Nicolas Fehr (…) hält mit seinem Gesang bis zum handlungsreichen Ende die Geschehnisse im grünen Kakadu zu einem Party-Panorama zusammen. (…) CD-Kauf hiermit empfohlen.“ Nachtkritik
 
„Draußen tobt die Revolution, drinnen der Wahnsinn“ Kronenzeitung

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